Class Matters
Auch dieses Jahr veranstaltet unser Referat für Working Class Studierende wieder Workshops und Vorträge unter dem Motto "Class Matters"! Die Veranstaltungen werden in der Woche vom 22. bis 27. Mai stattfinden. Themenschwerpunkte werden Fragen zu sozialen Klassen in verschiedenen Kontexten sein.
Bis auf den Poetry Slam und die Online-Veranstaltungen findet alles beim 4lthangrund, Alte Mensa, Augasse 2-6, in 1090 Wien statt. Hier findest du Informationen zum Zugang: https://www.4lthangrund.jetzt/zugang-zu-4lthangrund/
Montag 22. Mai
18:30-20:00 Felix Gaillinger - Klassimus und politische Bildung
Die Frage, ob Klassismuskritik lernbar ist, muss die politische – und übrigens auch die universitäre – Bildung dringend bejahen. Viel schwieriger hingegen gestaltet sich die Frage danach, was Klassismuskritik zu einer solchen macht und wie sie vermittelbar wird. Alleine die nüchterne Behauptung, gegen Klassismus zu sein, hat kein veränderndes Potenzial, wenn mit ihr nicht eine ganz spezifische Haltung und Praxis einhergeht. In seinem Vortrag zeichnet Felix Gaillinger, Kulturwissenschaftler in Wien und Gründer des Anti-Klassismus-Referats der LMU München, ausgehend von aktuellen begrifflichen Debatten und Beispielen aus der Praxis nach, warum Klassismuskritik in der Bildungsarbeit ein überaus voraussetzungsreiches Unterfangen ist.
Ort: 4lthangrund, Alte Mensa, Augasse 2-6, 1090 Wien
Dienstag 23. Mai
18:30-20:00 Andreas Kemper - Steckt hinter dem Antifeminismus der Adel?
Steckt hinter dem Antifeminismus der Adel?
Ja. Zumindest dominieren Adelsnetzwerke aus Österreich und Ungarn den familistischen Antifeminismus. Auch wenn formal der Adel abgeschafft ist, heiraten deren Nachfahren oftmals noch immer untereinander und besetzen seit Generationen wichtige Schaltstellen des Antifeminismus oder stellen ihre Schlösser reaktionär-christlichen Gruppen zur Verfügung. Sie sind vernetzt mit Gruppen wie Opus Dei, Legionäre Christi, Piusbruderschaft oder der TFP, treten bei den Märschen für das Leben auf, schicken Propaganda-Busse durch Europa oder stehlen "heidnische Statuen" aus Kirchen. Im Vortrag werden die Akteur*innen und ihre Netzwerke dargestellt.
Ort: 4lthangrund, Alte Mensa, Augasse 2-6, 1090 Wien
Mittwoch 24. Mai
18:30-20:00 Andreas Kemper - Klassismus - ein materialistischer Begriff?
Seit einigen Jahren wird nun auch im deutschsprachigen Raum von "Klassismus" gesprochen - parallel zu den Begriffen "Sexismus" und "Rassismus". Da mit diesem Begriff vor allem Alltagsdiskriminierungen u.a. im Bildungsbereich thematisiert werden, wurde mehrfach kritisiert, dass damit der Klassenbegriff verwässert werde, Ausbeutung und der Kapitalismus würden ausgeblendet. Mit dieser zum Teil berechtigten Kritik muss aber der Antiklassismus-Ansatz nicht vollständig aufgegeben werden. In dem die antiklassistische Praxis die Klassenreproduktion in Frage stellt, hat sie eine materialistische und antikapitalistische Ausrichtung.
Ort: 4lthangrund, Alte Mensa, Augasse 2-6, 1090 Wien
Donnerstag 25. Mai
15:00-16:30 Richard Dietrich – Klassismus in den Medien
Von arbeitsscheuen “Asozialen”, über “Fördern und Fordern”, hin zum rassistisch-eugenischen Mediendiskurs nach “Deutschland schafft sich ab”.
Während schon im viktorianischen England die verelendete Arbeiterinnenklasse verachtet und ihnen selbst die Schuld ihrer “Kretinisierung” gegeben wurde, erstreckt sich diese Abwertung und Stigmatisierung von Armen, Proleten und “Asozialen” bis in die heute Zeit. Kaum eine Abi-Mottowoche ohne “Asi-Ruhrpott-Style”, kultureller Kannibalismus von hippen Bürgies in ehemaligen Arbeiterinnenvierteln, sozialer Verdrängung inklusive. Vor Klassmus und Rassismus triefende “Bestsellern” wie “Deutschland schafft sich ab” oder “Isch geh schulhof” werden in renommierten Gazetten und Formaten vorabgedruckt und diskutiert. Ein Millionenpublikum zappt täglich “zufällig” auf menschenverachtende Formate, wie “Armes Deutschland” oder “Hartz aber Herzlich”. Jahrelang angelegte Kampagnen der Politik, wie „Neue soziale Marktwirtschaft“ oder „Aufstand der Anständigen“ kriminalisieren und dämoniesieren Arbeitslose und Migrantinnen und haben so die Funktion den Sozialstaat zu erodieren und die Arbeiterinnenklasse gegeneinander auszuspielen.
Warum diese klassistischen medialen Diskurse so toxisch sind und als Brandbeschleuniger einer gewaltausübenden Gesellschaft und Politik die Klassengesellschaft und das kapitalistische System am laufen hält, soll dieser Workshop aufzeigen und Alternativen und Gegenstrukturen aufzeigen, um dem Klassenkampf von ^Oben^ etwas entgegenzusetzen!
Ort: 4lthangrund, Alte Mensa, Augasse 2-6, 1090 Wien
16:45-20:00 Radix Kollektiv- Workshop: Klassismus, Resilienz und Aktivismus
Klassismus wirkt sich darauf aus, wer politisches Engagement bewältigen kann. Welcheantiklassistische Gruppenkultur lässt uns langfristig aufeinander Achten und Widerstandsfähigkeit stärken? Lasst uns dazu austauschen im Workshop Klassismus, Resilienz und Aktivismus
Ort: 4lthangrund, Alte Mensa, Augasse 2-6, 1090 Wien
17:30-20:30 Gregöre Haman – Solidarität in der Klassengesellschaft
Der Workshop vermittelt grundlegendes Wissen zu Klassismus, als Diskriminierungsform genauso wie langjährige Selbstorganisierungs- und Empowermentpraxis von Betroffenen und in jüngerer Zeit auch als Initiative von privilegierten Menschen.
Wir arbeiten im Workshop mit euren Erfahrungen, Hintergründen, Biografien, Positionierungen, Ideen, Träumen und Fragen. Es gibt einen praktischen und interaktiven Input, verschiedene Methoden und Zugänge und die Möglichkeit Themen nach euren Interessen zu vertiefen.
Wir wollen im Workshop in einem saferen und braveren Rahmen in den Austausch miteinander kommen, zusammen utopische und konkrete anti-klassistische Praktiken in die Welt bringen.
Ort: Online via Zoom - https://univienna.zoom.us/j/67352083474?pwd=M1lFakl2QnIwbjNpR0dhbDV6RnBoQT09 603833
Freitag 26. Mai
14:00-15:30 Amy Littleton - Roundtable-Diskussion: Ungleichheit. Macht. (Hoch)Schule: (Un)Gleichheit im Bildungssystem
„Bildung wird in Österreich vererbt“. Solch prägnante Schlagzeilen schaffen es vor allem dann auf die Titelseiten der österreichischen Presse, wenn Österreich etwa in OECD-Studien im Vergleich zu anderen Industriestaaten (wiederholt) unterdurchschnittlich abschneidet. Tatsächlich wird darin unter anderem evident, dass das österreichische Bildungssystem in auffälligem Maße durch ungleiche Verteilung von Bildungschancen eher bestehende sozioökonomische gesellschaftliche Verhältnisse reproduziert, anstatt breitgefächerte soziale Aufstiegschancen zu ermöglichen. Letztendlich gilt in Österreich immer noch: Besitzen die Eltern akademische Bildungsabschlüsse, so ist die Wahrscheinlich deutlich höher, dass der Nachwuchs in seiner Bildungsbiografie ebenfalls einen akademischen Abschluss erreichen wird.
Gleichzeitig werden in den öffentlichen Debatten um die Ursachen der verschiedenen Verfehlungen des österreichischen Bildungswesens gerne jene Bildungssysteme als vorbildhaft herangezogen, die in den besagten internationalen Testformaten und Studien regelmäßig besser abschneiden. Die Politik gerät dabei unter Druck, bildungspolitische Maßnahmen so zu setzen, damit sie in absehbarer Zeit bessere Ergebnisse liefern. Doch wird damit nicht zugleich die Gefahr einer zunehmend unkritisch betriebenen evidenzbasierten Pädagogik verkannt? Und: Wie wirkt sich dies auf die alltägliche Praxis der Lehrkräfte in den Klassenzimmern aus?
Fest steht jedenfalls, dass Menschen bereits beim Eintritt in die Elementarbildung über unterschiedlich hohe Kapitalsorten (im Bourdieuschen Sinne) verfügen. Dabei sind es meist nicht isolierte einzelne Marker, die darüber bestimmen, wer wie wann im Bildungssystem Selektion erfährt; vielmehr wohnt den ungleich verteilten Zugängen zu Bildungsangeboten eine Intersektionalität inne. Gerade Studierende, die etwa nicht aus Akademiker*innenhaushalten stammen, sehen sich dann im tertiären Bildungssektor mit vielfältigen Hürden konfrontiert. Einerseits weisen sie zwar schon einen sozialen Bildungsaufstieg auf, doch dadurch können sie umso mehr Praktiken des Klassismus ausgesetzt werden. Damit muss zwangsläufig nicht nur die Frage gestellt werden, inwiefern Erfahrungen der Ungleichheit während des Studiums den erfolgreichen Abschluss einer akademischen Bildung gefährden, sondern zugleich, wie sich diese darüber hinaus auf den Verlauf beruflicher Karrieren in der Wissenschaft und in anderen akademischen Berufsfeldern auswirken.
Ort: Campus der Universität Wien („Altes AKH“), Festivalzelt in Hof 1
Nähere Infos: https://www.recet.at/event-news/events/detail/ungleichheitmachthochschule-ungleichheit-im-bildungssystem
16:45-18:15 Jan Niggemann – (Wie) wird Klasse Bestandteil von psychotherapeutischem Wissen?
Im Zuge der Debatten um Klassismus wird die Auseinandersetzung um Klasse in Therapie und psychologischer Forschung vermehrt zum Thema gemacht. Es geht um Zugänge und Behinderungen von Therapien durch Kosten, Plätzemangel oder Hürden bei der Ausbildung. Es geht aber auch um begriffliche, methodische und technische Probleme in den Therapieformen selbst. Wie wirkt sich Klasse aus, wenn das Behandlungsmedium eine Sprache ist, die sozial ungleich gebraucht wird? Welche Bilder, Metaphern und Stereotypen über die „Anderen“ existieren unhinterfragt und in Annahmen von Therapeut:innen über ihre Klient:innen? Wie lassen sich soziale Abstände thematisieren, ohne in Klassenromantik oder Schulddynamiken festzuhängen oder soziale Ungleichheiten zu Problemen Einzelner umzudefinieren? Und inwiefern spielen Geschichten und Erfahrungen ebenso eine wichtige Rolle wie systematische Theorien und diagnostische Ordnungen? Im Workshop werden wir nach einem kurzen Input an einem Beispiel besprechen, wie und warum Klasse eine relevante Kategorie der Psychologie darstellt und wie weit sie über Klassifizieren hinausreicht.
Lilian Wieser (*1985) lebt und arbeitet in Wien als freischaffende Textil- und Konzeptkünstlerin.
Für das Häkeln von mathematischen Modellen leitet sie Workshops an Schulen und auf Festivals. 2014 stellte sie ein gehäkeltes Modell der Boyschen Fläche am Joint Mathematics Meeting in Balimore aus.
Bei ihrem Projekt Zettelakademie handelt es sich um einen emanzipatorischen Bildungsbegriff anhand einer textilen Auseinandersetzung. Der Kurzfilm „Die Zettelakademie“ zeigt die Entwicklung dieser Suchbewegung ausgehen von textilen Zetteltaschen zum Sammeln und Ordnen von losen Notizzetteln bis hin zu einer experimentellen Form der Welterschließung durch eine Auseinandersetzung mit den eigenen Gedanken.
Ort: 4lthangrund, Alte Mensa, Augasse 2-6, 1090 Wien
18:30-20:00 Richard Dietrich Klassismus in der linken Bewegung - Revolution ohne die Arbeiter*innenklasse?
Traditionell setzt sich die linke Bewegung für eine klassenlose Gesellschaft ein und proklamiert für sich, die Arbeiter_innen und alle anderen Unterdrückten und Ausgebeuteten zu vertreten. Doch wieso sitzen dann häufig nur weiße, deutsche und überwiegend männliche Akademikerinnen in den Führungszirkeln linker Parteien und Gruppen?
Wieso wählen weltweit trotz wachsender sozialer Ungleichheit Arbeiter_innen mehr und mehr rechtspopulistische Parteien, anstatt linke? Sind die Ausgebeuteten zu vernebelt oder zu ungebildet, um die Klassenverhältnisse um uns herum zu durchschauen? Haben die Ausgebeuteten das Bewusstsein für ihre eigenen beherrschten Verhältnisse verloren? Sind sie resigniert? Gar selbst schuld? Warum lesen sich viele linke Flugblätter und Artikel wie unterdurchschnittliche Bachelorarbeiten, voller Fremdwörter und endlos langen Schachtelsätzen? Schließt dies nicht genau diejenigen aus, die am meisten von Diskriminierung betroffen sind?
Brennende Fragen, die wir in diesem Workshop über den strukturellen Klassismus in der linken Bewegung aufarbeiten und mit euch Gegenkonzepte und neue Ansätze entwickeln wollen. Soziale Eigenreflektion wird hier eine Rolle spielen und der Versuch unternommen, auf eine herkunftsoffene und integrative Linke hinzusteuern.
Auf Spurensuche durch die Geschichte der Arbeiter_innenbewegung und die aktuellen Diskurse mit Richard Arslan Dietrich.
Ort: 4lthangrund, Alte Mensa, Augasse 2-6, 1090 Wien
Samstag 27.Mai
10:00-13:00 Uhr – „Klassenkonsenz?! Über Privilegien, Barrieren und Verletzlichkeit“
Öffentliche und private Diskussionen über Klassismus und Armut werden viel von weiß-cis-männlich-priviligierten und_oder bevorurteilten Stimmen dominiert. Oft werden Positionen mit mehrfacher Diskriminierungserfahrung in der Diskussion an den Rand gedrängt oder gar unsichtbar gemacht. Ja, Klassismus betrifft viele und dennoch kommt es auch auf die feinen Unterschiede an. Lasst uns mit-, unter- und durcheinander Strategien erarbeiten, die Gruppendiskussionen achtsamer gestalten.
Wie kann aus persönlicher Erfahrung gesprochen werden, ohne andere Positionen unsichtbar zu machen?
Wie können eigene Privilegien und Vorteile sichtbar gemacht werden, ohne in Scham zufallen?
Wie können marginalisierte Positionen sichtbar gemacht und gestärkt werden, ohne für oder nur über sie zu sprechen?
Wie können wir individuelle Erfahrungen und Perspektiven teilen und gleichzeitig gemeinsam im Verantwortung übernehmen?
Informationen zur Referent*in: Die Performancekünstler*in und Theaterpädagog*in Nix [Pronomen: sie*/ihr*, they/them oder keine] setzt sich in ihren Arbeiten für die Sichtbarmachung von klassistischer Diskriminierung ein. Durch das Studiums der Sozial- und Kulturwissenschaften und der Angewandten Theaterwissenschaft der JLU Gießen, verfolgt Nix einen intersektionalen bzw. mehrdimensionalen und machtkritischen Ansatz, um den feinen Unterschieden in öffentlichen und privaten Leben auf die Spur zu kommen. Zur Zeit forscht sie* auto-biografisch zu ihren Erfahrungen und ihrer persönlichen Verantwortung als weiß-priviliegierte, post-ost-migrantische und körperliche-fähige Arbeiter*innentrans*tochter.
Ort: tba
19:30-22:00 FOMP – Hörsaalslam
Bei diesem Poetry Slam werden verschiedene Gedichte und Texte zu Prekarität von FOMP Vienna vorgetragen.
Tickets kannst du dir kostenfrei hier holen: https://kupfticket.com/events/hoersaal-slam-wien-20230527
Ort: Hörsaal C1, Hof 2, Spitalgasse 2, 1090 Wien