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Stellungnahme und Einordnung zu den antisemitischen und antiisrealischen Graffiti am Campus Altes AKH

Einige Räumlichkeiten des Campus der Universität Wien wurden mit antisemitischen Graffiti und Parolen beschmiert. Leider handelt es sich dabei um keinen Einzelfall: in Österreich und auf der ganzen Welt häufen sich antisemitische Vorfälle. Wir verurteilen diese Taten zutiefst und möchten über die antisemitischen Hintergründe der gesprayten Slogans aufklären.

Vergangenen Montag wurde der Campus der Universität Wien, darunter auch die Räumlichkeiten des Instituts für Judaistik sowie jene der Österreichischen Höchschüler_innenschaft der Universität Wien, mit antisemitischen Graffitis und Parolen beschmiert. Da die Judaistik einen Ort jüdischen Lebens und Lernens repräsentiert und die ÖH Uni Wien sich in den vergangen Wochen zusammen mit der jüdischen Hochschüler_innenschaft gegen Antisemitismus ausprach, erkennen und verurteilen wir diese feigen und abscheulichen Taten zutiefst. 

Antisemitische Taten an Unis und in Österreich

Traurigerweise handelt es sich hierbei um keinen Einzelfall. In Österreich sowie auf der ganzen Welt häufen sich antisemitische Vorfälle. Vor wenigen Tagen ereignete sich in der Nacht ein abscheulicher Brandanschlag auf die Zeremonienhalle im jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs. Dabei wurden auch Hakenkreuze an die Außenwände gesprüht, während ein Teil des Gebäudes vollständig ausbrannte. 

Auch im universitären Kontext greift als sogenannte "Israelkritik" getarnte Judenfeindlichkeit um sich. Jüngstes Beispiel dafür ist eine Aussendung der ÖH der "Central European University" welche ein Statement des "Free Palestine Collective" an alle Studierenden der Universität weiterleitete, in welchem die furchtbaren Taten der Hamas als valide "Resistenz" gegen den israelischen Staat relativiert und legitimiert werden.

Auch in Ländern wie Frankreich oder Belgien, wo Häuser, in denen jüdische Menschen leben, mit Davidssternen und antisemitischen Parolen markiert wurden, ist dieser Anstieg an antisemitischen Angriffen zu erkennen.

Einordnung der gesprayten Parolen

Vor allem folgende am Campus gesprayte Parolen sind hier zu nennen:

"free palestine from austrian/german guilt"

Die Forderung "Palästina von österreichischer/deutscher Schuld zu befreien" - nämlich jener an der historischen Last der Shoah, bedient sich einer Relativierung der industriellen Massenvernichtung von Jüdinnen und Juden im 2. Weltkrieg. Diese Schuld- und Erinnerungsabwehr greift auf eine antisemitische Täter-Opfer-Umkehr zurück, um Kritik am Staat Israel zu formulieren und diesen im selben Moment als ein Produkt österreichisch-deutscher Schuldgefühle zu delegitimisieren. 

"from the river to the sea"

Die Parole "vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein" bezieht sich auf die geografische Lage Israels, das sich zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer befindet. Der Spruch ist ein Aufruf zur Vernichtung des jüdischen Staates und wird offen von antiisraelischen Gruppierungen und der radikalislamistischen Hamas gefordert. Diese Äußerung beruft sich darauf, dass erst wenn der israelische Staat verschwunden sei, Palästina frei sein kann. Dieser Spruch liegt der Vorstellung zugrunde das der jüdische Staat ein künstliches Gebilde sei und das Land zwischem dem "river" und dem "sea" unrechtmäßig besetze.

"Intifada" 

Der Ausruf nach einer Intifada - also die offene Forderung nach terroristischen und antisemitischen Gewalttaten - bezieht sich auf zwei vergangene palästinensische Terrorwellen, welche sich in den Jahren 1987-1992 und 2000-2004 ereignet haben, bei der insgesamt über 1.000 Israelis, hauptsächlich Zivilist:innen, starben. Diese israelfeindliche Parole, die oft auf pro-palästinenensichen Demonstrationen zu hören ist und übersetzt "abschütteln" meint, wird oft als ein Aufstand der palästinensischen Bevölkerung heruntergespielt und verharmlost die Tatsache, dass es sich um einen expliziten Aufruf zu Terror gegen jüdische Menschen handelt.

Diese Ausdrucksformen, die sich einem israelbezogenem Antisemitismus bedienen, werden oft als legitime Kritik am Staat Israel und somit nicht als antisemitisch wahrgenommen. Die Dämonisierungen Israels sind als klar antisemitisch einzustufen und müssen verurteilt werden.

Linker Antisemitismus unter dem Deckmantel von Israelkritik

Neben den antisemitischen Parolen wurden auch linke Symbole wie etwa Hammer und Sichel gesprüht. Daher muss klar bennannt werden, dass auch in linken Bewegungen unter dem Deckmantel des Antiimperialismus und mit Begriffen wie "Israelkritik" oder "Antizionismus" antisemitische Narrative betrieben werden. 

Gerade als eine explizit linke und antifaschistische Körperschaft dürfen wir auch vor linkem Antisemitismus nicht die Augen verschließen, vor allem dann, wenn er sich in Aktionen äußert, welche das Sicherheitsgefühl jüdischer Studierender an der Uni weiter beeinträchtigen. Linke Gruppierungen, welche antisemitische Tendenzen verharmlosen oder gar fördern, können keine Verbündeten im Kampf um eine sichere Hochschule für alle sein.

Wir bekunden unsere Solidarität mit allen Betroffenen des Terrors der Hamas und verweisen hinsichtlich unserer Positionen auf unsere geltende Beschlusslage. Wir werden uns nicht einschüchtern lassen und uns weiterhein jedem Antisemitismus in den Weg stellen, von welcher Seite er auch kommen mag. Nie wieder ist jetzt.